Das verlassene Dorf

Wir haben einen unruhige Nacht hinter uns. Der Sohn der Freundin hat sich mehrmals erbrochen und leidet an Durchfall. Vor uns liegt eine Strecke von 19 km, die der Wanderführer als mittelschwer, mit langen schattenlosen Passagen beschreibt, wo es kaum Möglichkeiten zum Wasserfassen gibt. Unter diesen Umständen beschließen wir, ab Puente la Reina de Jaca (ca 3 km vom Zeltplatz entfernt) den Bus zu nehmen und uns am Abzweig nach Artieda, unserem Tagesziel, absetzen zu lassen. Doch dort müssen wir erfahren, dass, zumindest in diesem Teil Spaniens, am Wochenende keine Busse fahren.

So stehen wir mittags immer noch an der N240 und versuchen per Anhalter wegzukommen. Schließlich nimmt ein LKW Kleininch und mich mit Richtung Pamplona.

Am Abzweig nach Artieda hopsen wir auf den glühend heißen Asphalt, um die letzten drei Kilometer zu Fuß zu bewältigen. Wir haben es fast geschafft, als unsere Reisegefährten laut hupend neben uns halten. Meine Freundin schreit mir zu: “ 500 m bis Artieda: Wollen wir dahin? Dann steigen wir aus und laufen mit Euch. Oder wollen wir nach Ruesta? Dann steigt ein!“ 

Wir steigen ein.

Die Bergfeste liegt 10 km entfernt an einem Stausee; schon bei der Vorbereitung unserer Wanderung hatten wir hier einen Ruhetag eingeplant. Im Jeep dröhnt spanische Volksmusik, der etwa 60jährige Fahrer singt lauthals mit. Zwischendurch erzählt er der Freundin irgendwas, die, ohne auch nur ein Wort zu verstehen, höflich zurück grinst und nickt.

Kopfschüttelnd läd er uns auf dem ehemaligen Dorfplatz ab. Als wir versuchen, uns zwischen den Ruinen zu orientieren, kommt ein Jugendlicher (LANGHAARIG) über den Platz geschlendert. Wir folgen ihm unauffällig und landen in der Pilgerherberge, dem einzigen intakten Haus in diesem Ruinendorf. Der Exodus, nicht nur dieses Ortes, setzte ein, nachdem Mitte der 60er Jahre der Aragon zum Embalsa de Yesa gestaut wurde. Doch die verfallenden Fassaden und überwucherten Wappen lassen den Besucher die ruhmreiche Vergangenheit Ruestas als eine der wichtigsten Pilgerstationen des Mittelalters erahnen.

In der Albergue del Peregrino erwartet uns eine Überraschung. Zwar sei noch Platz, erklärt uns der Herbergsleiter, doch würde er uns nicht empfehlen, zu bleiben, da gerade ein Trommelworkshop stattfände und es die ganze Nacht laut sei.

Ich bin fassungslos.

Da stehe ich irgendwo in Spanien in der Pampa…und wem muss mir begegnen? Der spanischen Version von alternativen Selbstfindungsjüngern!!!

Ich hab ja grundsätzlich eigentlich nichts gegen sie, aber das Timing ist irgendwie schlecht.

Unterhalb des Ortes gibt es einen privaten Campingplatz, dort hätten wir sicher mehr Ruhe, meint der Herbergsleiter. Zum Essen könnten wir selbstverständlich wieder rauf kommen. Das tun wir auch.

Wie üblich können wir in dem überfüllten Restaurant zwischen drei Vorspeisen und genauso viel Hauptgerichten wählen, dazu gibt es den obligatorischen Wein, Wasser und für die Kinder Limo. Wir erfreuen den Kellner mit dem ersten vollständigen Satz in Spanisch, den wir auf unserer Wanderung gelernt haben: „La comida estaba excellente“. Nach unserem vorangegangenen Gestammel aus Französisch und Italienisch, inklusive Sprachwortschatz von ca 10 spanischen Worten, haut sich der Junge fast weg vor Lachen.

Am Ruhetag baden wir im See, bauen Staudämme an einem kleinen Bach und Carlos hilft mir, meinen Sprachwortschatz etwas zu erweitern.*ggg* Er findet es Klasse, dass wir uns die Zeit nehmen, das Land kennezulernen und Pausen einlegen. Die meisten Pilger, erzählt er uns in einem fröhlichen Gemisch aus Französisch, Englisch und Spanisch inklusive pantomimischen Einlagen, würden ohne einen Blick nach links oder rechts zu riskieren den Camino geradezu entlang hasten.

Als wir später schwätzend unter einer Brücke sitzen, fragt uns plötzlich jemand: „Höre ich da Deutsche Stimmen?“ Wir lernen S. kennen, Frauenseelsorgerin aus Erfurt. Sie hat schon von uns gehört (andere Pilger haben erzählt, dass da zwei Mütter mit ihren Kindern unterwegs sind). Wir klären sie erstmal auf,dass Kleininch nicht 5, sondern 7 Jahre alt ist (sie ist ziemlich klein und wird deshalb oft unterschätzt). S. ist allein unterwegs. Im letzten Jahr ist sie von St-Jean-Pied-le-Port nach Burgas gewandert, nun will sie die andere Variante kennenlernen. Wir werden ihr noch einige Male begegnen.

Ein kleiner Umweg (26 km)

Hinter Jaca verlassen wir den Hauptweg, um einen „kleinen Umweg “ über einige Klöster zu nehmen. Ein breiter Staubweg fährt uns aus der Stadt, an deren Ende ein Gärtner, der seinen Rasen sprengt, die Kinder mit einer kleinen Dusche beglückt. Zwar ist es noch früher Morgen, trotzdem ist es bereits sehr warm.

Obwohl wir die Pyrenäen nun hinter uns gelassen haben, geht es stetig bergauf und bergab. Das Land  ist trocken, es wird immer heißer und der Staub juckt auf der Haut. Von einer Kammhöhe geht es hinab in das Dorf Atarés. Keine Menschenseele ist hier zu sehen, aber die Wegmarkierung führt uns am Brunnen vorbei, und natürlich an der Kirche. Von nun an geht es nur noch bergauf. Nachdem wir ein paar bizarre Schieferwände, die tatsächlich wie Brandmauern aussehen,passiert haben, wird der Pfad immer steiler.

Die Hitze wird schier unerträglich, so dass wir viele Pausen einlegen. Dazu kommt, dass wir mit Wasser sparen müssen, da wir am heutigen Tag keine Gelegenheit mehr haben werden, unsere Flaschen aufzufüllen. Durch ein ausgetrocknetes Bachbett und zwei Erosionsrinnen gelangen wir schließlich über einen spärlich bewachsenen Hügelrücken zum Wald. Hier ist unser Pfad kaum noch auszumachen und die Kids betätigen sich als Pfadfinder. Da es bei den Klöstern selber keine Übernachtungsmöglichkeit gibt, suchen wir uns eine schnuckelige Stelle im Wald und bauen die Zelte auf. So rechtfertigt sich auch diese Schlepperei. Nach dem Abendbrot lese ich noch aus Paolo Coelho’s „Auf dem Jacobsweg“ vor, worauf die Kinder das Exerzitium „Das Samenkorn“ zelebrieren.

Am nächsten Morgen machen wir uns zeitig auf den Weg zum Monasterio Moderno. Nur noch ein kurzes Stück auf dem Pfad, dann geht es auf einer breiten Asphaltstraße zum Kloster. Wir sind wirklich zeitig da, und die Dame an der Kasse zeigt sich einigermaßen verblüfft. Wir lassen ihr unsere Rucksäcke da und unternehmen einen Spaziergang zu einer Aussichtsplattform. Als wir zurückkommen, hat sich der Parkplatz schon mit Ausflüglern gefüllt und wir leisten uns den Luxus einer Busfahrt zum Kloster San Juan de la Pena . Es ist traumhaft. Schaut Euch das Foto an. Leider hab ich mich nicht so sehr getraut, im Innern zu fotografieren, was eng mit meinem gestörten Verhältnis zur Kirche zu tun hat. Zwar kann ich seit Jahren Kirchen und Klöster nur unter dem Vorwand, mir eine Sehenswürdigkeit anzusehen, betreten, trotzdem erfüllt mich in dieser Art Häuser dann immer ein geradezu lähmender Respekt. Dabei ist das Kloster eigentlich schmucklos. Was fasziniert, ist, wie hier Architektur und Natur miteinander verbunden wurden. Wir halten uns lange in dem kühlen Gemäuer auf.

Dann folgt ein ziemlich anstrengender Abstieg nach Santa Cruz de la Serós, einem Kloster, das im 10.Jh. als Damenstift zur Versorgung lediger Prinzessinnen gegründet wurde. Anfangs geht es noch recht gesittet über den alten Mönchssteig, dann über eine Geröllschneise, die hier für die Hochspannungsleitung geschlagen wurde!!! Natürlich ist es wieder heiß und staubig. Aber!!! Wir werden belohnt. Greifvögel führen uns geradezu ein Ballett am Himmel vor. Wir erkennen mit Sicherheit Steinadler und Rotmilan, es soll hier auch Gänsegeier und Wespenbussarde (?) geben. In Santa Cruz angekommen, will ich mich in den kühlenden Schatten der Klosterkirche retten, als mir eine Kasse den Weg versperrt. Entnervt und wütend verlasse ich den Ort. Obwohl ich, wie schon gesagt, diese Art Gebäude nur als Bau-oder Kunstdenkmal verkrafte, kann ich es nicht leiden, wenn dafür jemand Geld will. Nicht das es MIR um das Geld zu schade ist, ich finde es einfach unwürdig. Doch die Frau stürzt mir hinterher,  zerrt mich zurück in die Kirche und zwingt mich auf eine der Bänke. Wir erfahren, als Pilger, und die sind wir, egal aus welchem Grund wir uns auf dem Camino bewegen, haben wir zu allen kirchlichen Denkmalen freien Zutritt.

Wir halten uns lange in dem Dörfchen auf, essen in einer gemütlichen Bar zu Mittag und besuchen das romanische Kirchlein San Caprisio aus dem 12.Jh.

Im ca.5 km entfernten Santa Cilia soll es die Möglichkeit geben, im Gemeindehaus zu übernachten. Laut Wanderführer holt man sich den Schlüssel im Gemeindeamt, oder, wenn das geschlossen ist, beim Pfarrer. Das Gemeindeamt hat natürlich geschlossen und der Pfarrer ist nicht da.

Wir machen uns auf dem Weg zu einem Zeltplatz und verlaufen uns erstmals gründlich. Als wir feststellen, dass wir ca 3 km zurück müssen, treten die Kinder in einen kurzen, aber heftigen Streik, den wir Mütter nur mit Kraft unserer vereinten Autorität brechen können. Wir finden den Zeltplatz dann doch noch und sind wieder einmal froh, die Zelte mitgeschleppt zu haben.

Vom Somport- Pass nach Jaca in drei Etappen (30 km)

„Wer auf der Via Tolosana…nach Santiago de Compostela zog“, so klärt mich mein Wanderführer auf, „dem stand vom französischen Oloron ein langer, mühsamer Aufstieg bevor.“

Wir kaufen uns in Oloron eine Busfahrkarte zum Somportpaß und hasten zur Haltestelle. Laut Fahrplan haben wir nur vier Minuten Zeit für diese Aktion…doch dann warten wir gemeinsam mit zwei Holländern 40 min auf den Bus. Der Fahrer desselben hält unterwegs mehrmals an, nicht nur um sein 2. Frühstück einzunehmen, er läßt sich auch mehrmals unsere Fahrkarten zeigen und studiert diese kopfschüttelnd.

Aber schließlich stehen wir doch, etwas verlassen, am Grenzposten auf dem Paß. Sofort entdecken wir das Schild, das den Jacobsweg kennzeichnet, den gut sichtbaren gelben Pfeilen folgend werden wir uns die nächsten zwei Wochen auf eine Reise der ganz besonderen Art einlassen.

Zunächst einmal sind wir froh die Städte endlich hinter uns gelassen zu haben und pumpen die Lungen voll mit der guten klaren Bergluft *ggg* Es ist nach 10.00 Uhr und Zeit für ein ordentliches Frühstück.

Auf einem Pfad geht’s dann, zunächst noch einige Male die Straße kreuzend, über Almwiesen, ständig bergab, zu unserem ersten Tagesziel, dem nur 6 km entfernten Canfranc Estacion. Das Wetter meint es gut mit uns und es wird, je tiefer wir kommen, immer wärmer. Um den Kindern nicht die Laune zu verderben, lassen wir uns viel Zeit und machen häufig Pausen. Einmal treffen wir eine spanische Familie, wir können ihnen, trotz unserer gegen Null gehenden Spanischkenntnisse, einige Auskunft über uns geben…zumindestens nach dem woher „Alemania“ und unserem Weg „El Camino“. Als wir wieder einen der zahlreichen Bäche überqueren, ist es bereits so warm, dass die Kinder ein kleines Planschbad  nehmen können. Vorbei an einem Gedenkstein , der an ein im Mittelalter sehr bekanntes Hospiz erinnert, und einer Skistation finden wir uns schließlich in Canfranc Estacion wieder. Hier kann man im Touristenbüro den Pilgerpaß, den CREDENCIAL DEL PEREGRINO erwerben (MERKE: mit der Muschel gekennzeichnete Büros), es gibt auch gleich den ersten Stempel. Während wir den Paß ausfüllen, mühen wir uns mit der Angestellten in Französisch ab, bis eins der Kinder den Schnabel aufmacht und die Frau meint:“Oh, können wir vielleicht lieber Deutsch reden?“ Klar doch.

Quartier machen wir in der Albergue Grillo, die zwar eine Wanderherberge ist, aber auch Pilgern preisgünstige Zimmer vermietet. Wir haben noch viel Zeit und erkunden den Bahnhof. Der eigentliche Ort, Canfranc Pueblo, liegt 7 km entfernt, doch als hier in den 20er Jahren die Bahnstation errichtet wurde, entstand schnell ein eigenes Dorf. Der Bahnhof hat heute längst an seiner einstigen witschaftlichen Bedeutung verloren…das entnehmen wir einer Informationstafel, die dankenswerter Weise in Spanisch UND Französisch Auskunft gibt, an den altehrwürdigem Gebäude. Der Zustand insgesamt lässt uns schnell zu der Überzeugung kommen, dass hier GAR NICHTS mehr läuft und wir balancieren vergnügt über die Gleise .

Am Morgen weckt uns der Regen. Die Kinder rufen sofort den Generalstreik aus und die Mütter leisten nicht viel Gegenwehr. Der Wirt erlaubt uns bis Mittag in der Herberge zu bleiben, wir lernen seine Frau, eine Engländerin, und sein Baby kennen. Doch die Zeit schreitet unerbittlich voran und mittags ist es kein bisschen trockener. Zudem ist es ziemlich kalt. Wir schlüpfen in die warmen und Regensachen und machen uns auf einen beschwerlichen Weg. Entlang des Aragon führt uns der Pfad durch dichtes Unterholz nach Canfranc Pueblo. Wir wärmen uns in der Herberge etwas auf, über eine alte Bogenbrücke geht es dann wieder ab in den Wald. Dann sehen wir den Zug. Irritiert schauen wir ihm nach, sollte der tatsächlich zur Estacion fahren? Zumindest würde das die merkwürdigen Blicke erklären, mit denen uns die Einheimischen bei unseren gestrigen Balancevergnügen bedacht haben…

Wenigstens hört es auf zu regnen, doch wegen des nassen Gebüschs lassen wir die wasserdichten Klamotten an. Da es nun relativ warm wird, kommen wir schnell ins Schwitzen. Wir haben gerade noch Zeit, eine ausgiebige Pause  zu machen, als es wieder zu regnen anfängt. Völlig durchnässt erreichen wir unser Tagesziel, das Dorf Villanúa. Auch hier haben Pilger die Möglichkeit, sich in einer Pension billig einzuquartieren. Der Wirt des „Triton“ scheint allerdings nicht erfreut über unseren Auftritt (wir sind ziemlich verdreckt ) und weißt uns mürrisch ein Zimmer zu. Als wir den Gastraum betreten, um unser „Menü“ einzunehmen, fällt ihm Kleininchs Kopfbedeckung auf. Er zupft an ihrem Telekom – Cap und bricht in einen wahren Redeschwall aus, aus dem wir als einziges uns bekanntes Wort immer wieder Ullrich heraushören. Ah, Radsportfans aller Länder vereinigt Euch ! Der Bann ist gebrochen, wir werden gemästet und als der Sohn der Inchfreundin eine Lampe zerdeppert, wird das mit einem nachsichtigen Lächeln und einem freundlichen Klaps quittiert.

14 km sind es am nächsten Tag bis Jaca. Es ist heiß und wir bekommen eine erste Ahnung von dem, was uns wirklich in diesem Land erwartet. Auf der Hälfte der Strecke passieren wir Castiello, ein malerisches Bergdorf, wo es sogar ein Kneipchen gibt und Eis. Kleininch und der Sohn rennen wie immer voran. Sie kennen ja die Markierung, tragen außerdem ihre Pilgerpässe bei sich und dazu einen Zettel mit dem Namen des heutigen Tagesziels. Sollten die gelben Pfeile mal irritierend sein oder die Markierung nicht ganz eindeutig, warten sie auf uns. So können sie sich auf ihre ganz eigene Art vorwärts bewegen, und, ohne das wir uns reinhängen, die wirklich wichtigen Dinge des Lebens, die in jenem Sommer viel mit Pokemon zu tun hatten, ausdiskutieren. Und wir können ebenfalls unseren eigenen Rhythmus gehen, unseren eigenen Gedanken nachhängend oder miteinander plaudernd, ohne uns über diese blöden japanischen Trickfilmseuchen aufregen zu müssen.

Mit Hilfe von Trittsteinen überqueren wir ein Furt kurz vor Jaca, vorbei an der Einsiedelei San Cristobal erreichen wir endlich dieses kleine Städtchen. Stur folgen wir hier den gelben Zeichen durch eine Geschäftsstraße, vorbei an der Kirche, bis die Pfeile vor dem Eingang eines Neubaus enden. Wieder einmal bin ich verwirrt. Wieso geht’s hier nicht weiter? Dann lese ich das Schild, wir stehen direkt vor der Pilgerherberge. Und tatsächlich treffen wir in dem großzügig eingerichtetem Gebäude andere Pilger. Die verschwinden pünktlich 18. 00 Uhr zur Messe, während wir ein Restaurant suchen, in dem man das Pilgermeü bestellen kann. Gegen Vorlage des Pilgerpasses kann man das auf dem gesamtem spanischen Teil des Jacobsweges äußerst preisgünstig einmal am Tag einnehmen. Es besteht aus Vor – und Hauptspeise. Dazu gibt es Wasser, Limonade und eine Flasche Wein.

Vorgeplänkel

Wieder einmal stand ich in der Städtischen Bibliothek auf der Suche nach irgendwelcher Reiseliteratur über Kasachstan oder Kirgisien vor leeren Regalen. Gelangweilt wandte ich mich den andern Abteilungen zu und stöberte in Reiseführern und Bildbänden der Provence, als mir ein unscheinbares Büchlein, das hier falsch einsortiert stand, in die Hände fiel. Was es mich nicht wieder achtlos zurückstellen ließ, war ein Foto, das mein Interesse erweckte, als ich das Buch, mehr aus Gewohnheit heraus und ohne eigentliches Interesse, kurz aufschlug. Ein einsamer Wanderer im Licht der untergehenden Sonne, auf einer verlassenen Straße, umgeben vom Nichts der Felder. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll…da war keine Traumlandschaft, keine bizarren Felsgebilde oder gigantische Berge. Trotzdem verkörperte dieser Wanderer alles, was ich mit dem Unterwegssein verbinde: Die Rückgewinnung der Zeit, das mit sich sein, die Beschränkung auf die wesentlichen Dinge des Tages, die Bedeutung des Augenblickes. Zwar bin ich selten allein unterwegs, aber ich bevorzuge doch Weggefährten, die mir den Freiraum zu diesen Erfahrungen lassen und auch längere Strecken „für sich“ sein können.

Als ich mich in die Leseecke zurückgezogen und etwas genauer in dem Büchlein gelesen hatte, wußte ich, dass der TienShan noch etwas auf mich würde warten müssen. Ich gebe zu, dass mich das gut ausgebaute Netz der Herbergen geradezu in seinen Bann zog, weil es mir die Möglichkeit gab, zum ersten Mal mit Kleininch, meiner jüngsten Tochter, eine solche mehrtägige Wanderung zu unternehmen und nicht, wie bisher, von einem festen Quartier aus, Rundwanderungen zu unternehmen. Als ich am Abend die Inchfreundin anrief, hatte ich sie schnell überzeugt…die Vorbereitungen konnten beginnen.

Von Frankreich aus führen zwei Hauptwege (die sich im spanischen Puente la Reina vereinigen) zum Grab des Heiligen Jacob in Santiago de Compostela. Für uns kam von Beginn an nur die schwierigere Variante über den Somport-Pass in Frage. Da die meisten Pilger über St-Jean-Pied-le-Port gehen, sicherte uns das doch relative Einsamkeit bis Eunate zu…außerdem betrachteten wir uns nicht als Pilgerer, sondern als Wanderer und waren demzufolge natürlich mehr an der Landschaft interessiert. Nichtsdestotrotz wollte ich die Gelegenheit nutzen, Kleininch das Christentum etwas näher zu bringen. Ich bin zwar kein Freund der Kirche als Instutition, aber schließlich hat sie unsere ganze Zivilisation und Kultur geprägt, sich damit auszukennen gehört zur Allgemeinbildung.

Ein großes Problem war die Hin- und Rückfahrt und, damit verbunden, die Gepäckfrage. Kerstin und ich wollten etwa 2 Wochen wandern, danach hielten wir es für einen gute Idee, die Kinder mit ein paar Tagen Badeurlaub in San Sebastian zu belohnen. Das bedeutete aber, dass wir Zelte, Isomatten und auch etwas mehr Klamotten als für die Wanderung notwendig, würden mitnehmen müssen.

Nur, sollten wir das alles über die Pyrenäen schleppen? Wir informierten uns über die Möglichkeit, bis zur französisch-spanischen Grenze mit dem eigenen PKW zu fahren und diesen dann überführen zu lassen…viel zu teuer. Den Wagen bei einer Freundin in Marseille abstellen und dann holen? Zu umständlich. Der Zug blieb die einzige sinnvolle Reisemöglichkeit…wir würden den Krempel für den Badeurlaub also 14 Tage durch Spanien schleppen. Immerhin bot sich so die Möglichkeit eines kleinen Zwischenstopps in Paris, was in sofern nicht uninteressant war, da dort zufällig zeitgleich die Tour de France endete.*ggg*

So bestiegen Kleininch und ich also am Abend des 21.Juli 2000 den Nachtzug nach Paris, wo wir am nächsten Morgen gut ausgeruht eintrafen. Wir nutzten diesen Samstag zu einem Besuch des  Asterix-Parkes, eine Alternative zum überfüllten Euro-Disney-Land, die ich allen geplagten Eltern nur empfehlen kann.

Nach einem ausgiebigen Frühstück in unserem Hotel holten wir dann die Inchfreundin und deren Sohn vom Gare du Nord ab und machten uns auf den Weg zum Eiffelturm, wo der Start zur letzten Etappe der TdF erfogte. Pflicht- und auftragsgemäß holte ich für das größere Inchkind  Autogramme von Alexander Vinokourov, Grischa Niermann und Kevin Livingston; ich gab mir auch redlich (aber völlig erfolglos) Mühe, Moreau  zu fotografieren, ergatterte dafür je einen Satz Fankarten von FDJ und CA (prima,die schlepp ich also jetzt auch noch rum) dann machten wir uns auf den Weg zum Champs – Elysées  zum Finale dieser großartigen Rundfahrt. Danach saßen wir vor irgendeinem Hauseingang auf dem Prachtboulevard, beobachteten das Treiben der Fans und warteten, dass es Zeit wäre unsere Reise fortzusetzen, als ein älterer Mann auf mich zutrat und ansprach. Naja, ich geb zu, mein Französisch ist nicht das aller perfekteste, so das ich ihn nicht gleich verstand. Er wiederholte sein Anliegen. Ich starrte die Inchfreundin an und fragte hilflos:“Ich versteh immer nur was von Haare abschneiden, was will der?“ Mein Französisch ist doch nicht so schlecht, wie meine Freundin mich aufklärte. Der Typ wollte tatsächlich eine Strähne meines Haares abschneiden, weil ihm die Farbe so gefiel !!!!

Schließlich schleppen wir unsere Rucksäcke zum letzten Mal durch die engen Sperren der Pariser Metro (das ist wirklich ein Grauen, vor allem wenn man mit viel zu großen Rucksäcken unterwegs ist, und ich muss dem Inchkind versprechen, NIE MEHR mit dem Zug in die französische Hauptstadt zu fahren) und besteigen im Gare d’Austerlitz den Nachtzug nach Pau, wo uns unser Anschlußzug nach Oloron St.Marie erwartet.

Von wegen nur Birken

Vier Wochen Russland oder Mit der Transsib von Moskau nach Wladiwostok

Da bin ich wieder.

Hinter mir liegen aufregende 4 Wochen, über 9000 km Bahnfahrt durch sieben Zeitzonen und jede Menge Entdeckungen, Überraschungen, Bestätigungen, Begegnungen, Kopfschütteln, Wundern, unendliche Birkenwälder und überhaupt gar keine Birkenwälder.

In Vorbereitung auf meine Reise hatte ich nämlich einen Blog mit dem originellen Namen „Nur-Birken.de“ gefunden. Ich hatte keine Zeit, ihn komplett zu lesen und weiß deshalb nicht, wieweit nach Sibirien die Blogger gekommen sind. Denn ab irgendwo gibt es überhaupt keine Birken mehr, sondern Lerchen, würde ich sagen. Außer natürlich da, wo gar kein Wald war, aber das war nur ein kleiner Teil. Und so habe ich beschlossen, meinen Reisebericht so zu nennen, wie oben steht.

27. Juli 2014

Vor der Reise

Nach Osten

Ich habe einen Plan

Reserviert

Ankunft

in Moskau…

Drängler, Gastgeber und Neu-Moskau

Lenin ist ein kleiner Mann

Roter Platz, Kreml und Zirkus

Touristenkram

Aus Moskwa, Arbat und der Suche nach der Russischen Küche

Transsib

Eingewöhnung

Von Moskau nach Omsk

Im Zug

Tipps für Reisende

Koltschak und die Revolutionäre

Holzhäuser, Kirchen, Flüsse und eine wechselvolle Geschichte

Holz (und Blech)

eine Fotoshow

Tuppern auf Sibirisch

ein Bummel durch eine Holzhaussiedlung, Fahrt auf dem Irtysch und Marktbesuch

Durststrecke

Abschied von Omsk und eine internationale Reisegruppe

In der Mitte

im Zug zwischen Omsk und Irkutsk

Paris Sibiriens?

Irkutsk von seiner nicht so schönen Seite

Nomaden, Bauern und Kosaken

Zwischen Irkutsk und Baikal

Fehlbuchung

Busfahrt auf die Insel Olchon und ein russisches Hotel der Extraklasse

Wie wir einen Heuschreck…

Wanderung auf der Schamaneninsel

Zwischen Baklan, Buusy und Buddismus

Bootsfahrt, Fischesterben und Religion

Weiße Speisen

Zu Besuch bei Burjaten

Frühstück

Zieselshooting

Ist Euch das Wasser des Baikal denn nicht genug

Touristennepp und keine Robben

Der zweite Blick

Irkutsk von seiner schönen Seite

weltmeisterlich

an den Ufern des Baikals … mit dem Zug

Religionsunterricht

Das buddistische Zentrum Russlands und das Lamawunder

Tiertransport

Katzen im Zug und Sieben-Tages-Adventisten

Ich will in keinem Krieg kämpfen

Von Sibirien in den Fernen Osten

Partisanen von Amur

Die Ufer des  Herrn der Flüsse in Chabarowsk

Nur so zum Gucken

russische Dimensionen

Wasserspiele

Kunst fürs Volk und die Suche nach dem Großvater

Vom Umgang mit Menschen

Und morgen Wladiwostok

Das Ende der Welt

und das Ende der Zugfahrt, nicht aber der Reise

Pazifik

am südlichsten Zipfel Wladiwostoks und die Sonne geht im Osten unter

Manöver und so

und zwar am Strand

9 Stunden

ein Inlandflug in Russland

Für Touristen und die, die es nicht an die Kremlmauer geschafft haben

ein Friedhof in Moskau, ein Holzkrenl und ein Süßwarenladen

 

Dieser Blog gehört zu meiner Homepage. Hier geht es zu den einzelnen Reiseberichten, Fotos usw.

Nachdem wieder mal ein Dienst seinen Dienst eingestellt hat, bin ich nun dabei, meine Homepage The Inch Connection zum x.ten Mal zu überarbeiten.

Die Homepage habe ich seit 14 Jahren. Vor allem Fotos habe ich rechtzeitig extern gezeigt, nachdem die website zu klein wurde, zunehmend auch Berichte. Dazu kommt, dass der Anbieter immer komplizierter wird, sich Inhalte und Formate verschieben.

Irgendwas ist ja immer.

Dabei bezahle ich für den Dienst.

Nunja, es ist mal wieder soweit. Mal sehen, ob ich mit der Überarbeitung fertig werde, bevor wieder irgendein Dienst seinen Dienst einstellt.