Auf den Felsen der Götter

Meteora/Griechenland   Ostern 2007

Am Anfang stand eine lange Busfahrt. Am Ende die Erkenntnis, dass unsere Eltern entweder total irre oder absolute Helden sind. Denn auf einer langen Busfahrt gibt es viel zu beklagen.

Die Unmöglichkeit, eine Schlafposition zu finden.

Eingeklemmte Knie.

Geschwollene Füße.

Ein steifer Nacken.

Die Gefahr des Bandscheibenvorfalls.

Und natürlich der Zwang, vollkommen idiotische Filme gucken zu müssen.

Aber an denen, den Filmen, waren wir selber Schuld, weil wir die Auswahl den Jungs der Jugru überlassen haben. Ralf hätte ja Alexis Sorbas mitbringen könne, ich ein paar Kevin Smith Filme, Reni Monty Python… So gab’s Kifferfilme und Scorpion King.

In der Nacht zu Karfreitag ging’s mit oben beschriebenen Unannehmlichkeiten mit dem Bus vom Mühlholz nach Venedig, wo wir überraschend unversehrt ankamen ( wahrscheinlich sind wir eben doch nur Weicheier und jammern ein bisschen viel ). Während eines vierstündigen Aufenthalts hatten alle Gelegenheit, sich einen kleinen. Eindruck von der Stadt zu holen. Was bei einigen zu der Erkenntnis führte, dass wir da unbedingt noch mal hin müssen, für länger als vier Stunden.

23 Stunden saßen bzw. lagen wir dann auf der Fähre nach Igoumenitsa. Und dann, am Nachmittag des Ostersamstag wieder im Bus und ab ging’s nach Meteora. Ich war zum ersten Mal in Griechenland und überrascht, als plötzlich Schnee am Straßenrand lag!!! Natürlich schraubte sich der Bus grad einen Pass rauf. Aber ich bitte Euch: Griechenland!!!! Andere waren besser informiert als ich und wussten, dass es da Skigebiete gibt und das Land als Geheimtipp gilt. Ich konnte beim Anblick des Schnees nur unartikulierte Schreie von mir geben. Oben auf dem Pass gab’s dann ne Schneeballschlacht ( wir in Deutschland hatten schließlich keinen Schnee diesen Winter), und dann beim Runterfahren wurde es Gottlob wieder wärmer.

Die Felsen von Meteora sieht man dann schon von weitem und sie sehen wirklich gigantisch aus.

Auf dem Zeltplatz in Kastraki haben wir, höflich wie wir sind, erstmal unsere älteren Sportfreunde Stellplätze aussuchen lassen. Dann, gute Eltern, wie wir sind, die jüngeren Sportfreunde. Und für uns selber dann die outreach area gewählt. Smile

In der Nacht, wir waren grad in den Schlafsäcken verschwunden, machten die Griechen plötzlich Wambule. Erst dachte ich, ich wäre im falschen Land, hab dann aber doch erkannt, dass da nicht ein Muezzin betet, sonder ein Priester singt. Ostern! In diesem Jahr fiel das orthodoxe Osterfest auf den selben Termin wie unseres und in der Nacht zum Ostersonntag begannen die Osterfeierlichkeiten mit Gottesdienst, Lichtern und Feuerwerk. Nur Sebastian hat alles richtig mitgekriegt, weil er blickig genug war, kurz vor Mitternacht ins Dorf zu spazieren.

Hat er uns aber am Sonntag alles erzählt, bei der Osterpredigt, die er am Doupianifelsen gehalten hat. Trotzdem: Ich wäre gern selbst dabei gewesen….

Nach dem Ostereiersuchen wurde dann gleich am Doupiani geklettert. Es waren wohl 70% aller Osterfahrer an einem Weg. Südweg, einfache Sache, 3. Schwierigkeitsgrad. Die Schwierigkeit lag mehr darin, die Seile auseinander zuhalten, zu wissen in welcher Seilschaft man eigentlich ist, an welches Seilende oder in welche  –mitte wer gehört. Ich hab’s bis zum Schluss nicht wirklich kapiert, obwohl Michi, Barbara und Reni sich reichlich Mühe gegeben haben, mich aufzuklären.

Jedenfalls gehörte ich zu Ralf, der 7 Nachsteiger hatte. Nach der ersten Seillänge mussten  wir an einem von Uwe gelegten Seil mittels Prusikschlinge gesichert zur zweiten Kletterstelle laufen. Dort hat Barbara lange ihre Mitte gesucht. Marian seilte derweil ab, doch: da fehlten 5-6 Meter. Das hinderte Ludi und Julius nicht, auch noch abzuseilen und die letzten paar Meter runterzuklettern. Fips kam mir dann entgegen, als ich beim raufklettern war. Er war aber der letzte Freikletterer, dann endlich wurden zwei Seile aneinandergeknüpft…. Die vierte und letzte Seillänge geht wieder über „Gehgelände“. Auf dem Gipfel werden wir von einer Sommerwiese und herrlichem Ausblick auf einige der vielen Klöster belohnt.

Die Chalkidiki  war früher sehr dünn besiedelt. Das Land gehörte größtenteils den Klöstern. Das erste  in Meteora gründete im 14. Jahrhundert ein Mönch vom Berg Athos. Vorher, ab dem 11. Jahrhundert, hatten sich in den Grotten und Höhlen schon Einsiedler niedergelassen. Insgesamt gab es dann 20 Klöster in den Meteorafelsen, von denen die meisten im 19. Jahrhundert aufgegeben wurden. Aber erst im 20. Jahrhundert kam es zur wirklichen Besiedlung des Landes. Als nämlich ab 1922 viele Flüchtlinge aus Kleinasien nach Griechenland drängten, gaben die Klöster ihre Ländereien zur Besiedlung frei. Heute sind noch sechs oder sieben Klöster bewohnt.

Vom Gipfel des Doupiani können wir drei davon sehen: Aghios Nikolaos Anapafsas, Varlaam und auf der anderen Seite Roussanou.

Nach der Kletterei kriegen wir dann doch noch was von den Osterfeierlichkeiten mit. Die Lämmer, die die Griechen heute Vormittag überall am Spieß gebraten haben, scheinen zwar alle aufgegessen zu sein, aber in einer Taverne im Ortszentrum sitzend, beobachten wir das Ende des Gottesdienstes und den anschließenden Sirtaki auf dem Dorfplatz.

Auch am folgenden Tag, Ostermontag , gibt’s, sozusagen am Wegesrand, Kultur. Zwei kleine Klösterlein schmiegen sich in die Felswände nahe unseres Lagerplatzes, dazu ein paar verlassene Einsiedlereien. Wir sind auf der Rückseite des Ambaria, klettern am Wal. Also ich ja nicht, aber meine Schuhe. Die hat der Busfahrer an. Den hat Uwe zum Klettern verurteilt. Ich denke, es war der windige Weg, eine IV und nur eine Seillänge. Weg der Freunde wäre ja auch passend gewesen, aber der war besetzt, vermutlich von Ralf und seinen vielen Nachsteigern. So richtig schön sind die Wege aber, glaube ich, alle nicht.

Marian, Caro und Ludi machen derweil den Schildkrötenpfad am Ambaria, eine V**.

Nachdem die verschwunden sind,  klettern Julius, Patti und Peter da auch rauf. Und schließlich findet sich noch eine dritte Seilschaft: Uwe, Helmut Linke und Claire. Da die anderen verschwunden sind, nehmen wir an, dass sie auf der anderen Seite die Südkante machen, von der Jörg und Toni nur Gutes zu berichten haben. So Gutes, dass auch der Rest der Truppe dahin verschwindet… nachdem sie Barbara in Empfang genommen haben, die vom Weg her eine Abkürzung nimmt.

Jedenfalls sind Uwe, Helmut und Claire dann wieder da, die ersten zwei Seilschaften weg- sie können nur in einen anderen Weg eingestiegen sein. Wie sich herausstellt, war es nicht ganz so. Sie treffen, während sie abseilen, auf Ralf und fünf weitere aufwärts strebende „Erwachsene“ – ich glaube, das Seil reichte mal wieder nicht, aber lasst Euch das bei Bedarf von den Beteiligten erzählen. Ich sehe jedenfalls die Südkante und weiß, da will ich auch rauf.

Am nächsten Tag schließe ich mich aber der Kulturabteilung an. Es geht auf wunderbaren Wanderwegen zum Kloster Metarmorphosis, vorbei am Agios Nikolaos Anapafsis und mit Blick auf das Varlaam. Sebastian macht den Reiseleiter und wir Frauen alle einen sehr guten Eindruck, in Röcken und züchtig langärmelig. Nur Reni verwirrt die Mönche etwas, weil sie hat keinen Rock, sondern ein Kleid, und um das anzuziehen, muss sie sich erst mal ganz und gar ausziehen.

Metarmorphosis ist ein großes Kloster mit mehreren Kirchen, Ausstellungen, vielen Fresken und Ikonen. Es liegt auf dem größten Meteorafelsen und war bis 1923 nur über Leitern und Netze zu erreichen. Jetzt führen lange in Stein gehauene Wege und Stufen hinauf.

Wir wandern dann weiter durch ein Gebiet, dass auf meiner Karte nicht drauf ist, vorbei an einer Klosterruine und einem, deren Bewohner nicht so sehr auf Touristen versessen sind. Caro lernt noch den Unterschied zwischen Lämmern und Kälbern kennen und , zurück in Kastraki, erklärt uns in einer Taverne ein Einheimischer, was es mit den Tüchern in einer der Höhlen über dem Ort auf sich hat.

Es folgt ein langer Abend mit viel Wein, Gesang und Jörgs Zusage, Reni und mir die Tunnelvariante zur Südkante am Ambaria vorzusteigen. Im Laufe des Abends kommen dann noch Sebastian und Fabian dazu.

Als ich mir am nächsten Vormittag die Kletterschuhe zugeschnürt habe und mich erhebe, wird mir ein bissel schwindelig. O weh

Die ersten zwei Seillängen sind ne III, dann geht es nach einer Querung auf die Südkante, das ist IV. Die zweite Seillänge führt durch den Tunnel, d.h. von der einen Seite des Felsens zur anderen. Und da sitzt man dann im Mönchsgefängnis. Dann kommt der Quergang zur Kante und ab da geht es auf der Südkante weiter. Jörg steigt vor, ich hinterher. Dann Sebastian. Und während der Fabian und Reni nachholt, sichere ich wieder Jörg. So kommen wir zügig voran und sind doch bis 16.30 Uhr unterwegs. Aber die Kletterei macht wirklich Spaß, der Weg ist sehr schön, Jörg ein ruhiger Chef, die Aussicht gigantisch. Klöster gibt’s diesmal weniger zusehen, dafür Kalambaka, das Flussbett und das Tal des Pinios und am Horizont  das Pindosgebirge. Verwirrt bin ich nur einmal: An einem der Standplätze fragt mich Jörg, wer meine Sesi geknotet hat. Na ich! Gut, das eine Ende ist ein bissel kurz, aber da hänge ich schon ein paar Jahre dran. Na ja, als wir unten sind, knote ich sie neu. Kann ja nicht schaden.

Am Donnerstag möchte ich eigentlich lieber wieder klettern gehen, aber die Kulturabteilung lockt mit dem Besuch einer Ikonenmalwerkstatt.

Kultur siegt.

Wir wackeln durch Kalambaki und erfahren in der Werkstatt nicht nur, wie Ikonen gemalt werden, sondern lernen auch den Unterschied zwischen gemalten und gedruckten. Natürlich gibt es auch einen Verkaufsraum und 300m weiter die nächste Werkstatt.

Durch ein Tal mit viel Gestrüpp arbeiten wir uns dann abkürzungstechnisch zum Kloster Aghios Triados vor. Das, von Dometios, dem ersten Einsiedler des Felsens im 15. Jahrhundert gegründete Teil hat heute geschlossen, aber wir wollten eh zum benachbarten Nonnenkloster Aghios Stephanos. Der Fels, auf dem das erbaut wurde, war vermutlich schon vor 1200 von einem Mönch namens Jeremias bewohnt.  Um 1330 entstand dann das Kloster, das mir persönlich besser gefallen hat als Metarmorphosis. Vielleicht eben gerade weil es nicht so groß ist und vor allem nicht so überladen wirkt.

Auf einem schönen befestigten Wanderweg laufen wir zurück nach Kalambaka.

Auf dem Zeltplatz heißt es packen- da kommt die aufgeregte Claire und erzählt, dass sie heute drei Wege vorgestiegen ist, davon eine oben schlecht gesicherte V. Mir bleibt das Herz stehen. Gut, dass ich im Kloster war, sonst hätte ich vielleicht rum gezetert und Kleininch wäre um einen guten Tag ärmer. Smile

Nach der Packerei und dem Abschiedmenü in großer Runde in der Taverne, quetschen wir uns wieder in den Bus und probieren, ob wir jetzt bequemer sitzen. Na ja, die Fähre bietet schon mehr Beinfreiheit, auch wenn es meinen Platz K nicht gibt, aber wir liegen eh auf dem Deck.

Die Hafeneinfahrt in Venedig dauert eine Stunde und ist gigantisch. Die Fähre schippert sozusagen am Marcusplatz vorbei. Wir sind alle ein bisschen wie hin und weg. Ludi so sehr, dass er seinen MP3Player liegen lässt. Aber er darf noch mal raus aus dem Bus und rauf auf die Fähre und das Teil wiederfinden.

Am Samstag, den 14. April, treffen wir abends 22.30 Uhr am Mühlholz ein. Ich für meinen Teil bin völlig erledigt und will nur noch nach Hause und ins Bett. Am Mittwoch treffen wir uns ja bei Michis Geburtstag, da können wir den Urlaub noch mal auswerten. Ich für meinen Teil feiere am Montag nicht, weil ich da bis abends auf Arbeit bin. Aber das hole ich irgendwann nach, beim Grillen im Park, oder auf der Hütte.

Versprochen. 

Ps.: Fips haben wir auch wieder mit nach Hause gebracht!!!